Dinge & Lagern
Redemanuskript von Dr. Birgit Möckel zur Eröffnung der Ausstellung "selfstorage" von Matthias Stuchtey in der Galerie im Rathaus Tempelhof, Berlin
An den wenigsten Orten hat ein einzelnes Zimmer wohl so viele verschiedene Funktionen wie in einem Studentenwohnheim. Seit über vier Jahren lebe ich in einem Wohnheim und bin sehr froh, in zentrumsnaher Lage mein eigenes kleines und bezahlbares Reich zu haben. Mein Zuhause ist dabei gleichzeitig das Zuhause von 120 anderen Studentinnen und Studenten.
Die Modelle des renommierten Architekten David Chipperfield sind in einem Berliner Selfstorage-Abteil untergebracht. Auf 240 Quadratmetern lagert dieser „andere“ Output des Büros, die „kleine Materialität“. Petra Beck hat die Archivarin Susan Rohrschneider besucht.
Präsentation der Diplomarbeit bei der Woche der soziologischen Nachwuchsforschung am Soziologieinstitut der Universität Wien
Das Architekturmagazin „Bauwelt“ widmet sich in seiner neuesten Ausgabe ausführlich dem Thema Selfstorage. In verschiedenen Artikeln wird Selfstorage nun auch aus architektonischer Sicht umfassend untersucht und dargestellt.
Flexibel – ungebunden – dynamisch – anpassungsfähig – wandlungsfähig – agil – mobil. So lautet eine Reihe typischer Stereotypen die unseren heutigen Alltag bestimmen.
Eine Radioreportage von 'Diagonal' auf Ö1 zum Thema "Speicher, Depots, Garagen - wie viel Platz brauchen wir?"
Der Zustand einer Gesellschaft, deren Ziele, Einstellungen und Auseinandersetzungen lassen sich, wenn auch nur zu einem bestimmten Maß, im Raum ablesen.
Petra Beck verfasste ihre Magisterarbeit "Restopia - Selfstorage als urbane Praxis" bei Prof. Dr. Wolfgang Kaschuba am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt-Universität zu Berlin.
Es riecht angenehm kühl nach Mauerwerk im Tauschraum. Ich schlendere an den weißen Metallregalen vorbei, an den ausrangierten Büchern, Schuhen, Kaffeetassen und Duftkerzen, betrachte eine weiße Kommode und durchstöbere die provisorische Kleiderstange.
Die schlussendliche Konzentration meiner Magisterarbeit auf das in Deutschland noch junge Phänomen 'Self Storage' ergab sich aus dem reichhaltigen Themenspektrum, das mir die Interviews mit meinen Interviewpartnern lieferten. Dieser Materialfülle Herr zu werden, glich dem Bedürfnis meiner Gesprächspartner, sich durch ihre Lagerräume geordnete und damit auch kontrollierte (Lebens-) Verhältnisse zu schaffen, um den Überblick über die angesammelte 'Materialfülle' zu wahren.
Der Reiz beim Blick in das Innere des Lagers beziehungsweise der Box liegt ähnlich wie beim Blick in den Guckkasten in der Mischung aus Magischem und Realem, Unsichtbaren und Sichtbaren. Faszinierend ist dabei nicht nur, dass sich in der Dichte des Raumes unzählige Dinge nebeneinander versammelt haben, sichtbar oder unsichtbar für das Auge, über deren Anordnung sich selbst ihr Besitzer oft genug noch im Unklaren ist, auch dass hier viele unterschiedliche, oft kaum zu verbindende Dinge mehr oder weniger zufällig nebeneinander angeordnet sind.
Wie viel Platz braucht der Mensch? Ein Artikel auf tagesspiegel.de
Zwischen Ordnung & Unordnung - oder „Ordnung hält ja nur ein Dummer, das Genie überblickt das Chaos“
„Ja, die Ordnung! Das Dumme ist ja, wenn ich Ordnung halte, ich dann nichts wiederfinde. Im Chaos finde ich es immer! [...] Ja, die Ordnungsfanatiker, da gibt es welche, die meine Unordnung (Pause)“, die 65-jährige Rentnerin Frau Ulrich aus Hamburg bricht plötzlich mitten im Gespräch ab und verdeutlicht per Gestik, welche abschätzige Haltung mancher Besucher beispielsweise beim Betreten ihrer Wohnung ihr gegenüber einnimmt.
„Das ist hier wie ein Hotel eigentlich, das ist ein Hotel für Dinge, die vorübergehend einen anderen Platz brauchen“ so beschreibt nicht nur der 50-jährige Stuttgarter und Business Development Manager Herr Groß, sondern auch der Münchner SelfStorage-Mitarbeiter Herr Reiter die Firma MyPlace.
Ich entwickelte für die Viennafair 2011 ein Performanceprojekt in Bezug auf psychische und physische (Dis)Positionierungen innerhalb unterschiedlicher sozialer Systeme. Ich nahm auf dem Schoß von ca. 200 Personen Platz um mich mit Ihnen im Rahmen von Einzelperformances über diesen Themenkomplex mit ihnen auszutauschen.
Wohnen ist ein Prozess und entsteht aus einem komplexen Strom von Entscheidungen: Mit welchen Dingen umgeben wir uns? Was können wir uns leisten? Welche Bilder hängen wir an welche Wände? Was packen wir in Kisten und was in Schränke? Wie gehen wir mit dem gegebenen Raum um? Wer sind unsere Nachbarn? Welche Kompromisse machen wir mit den Mitbewohnern? Wann verändern wir etwas?
Wer kennt das nicht – beim Aufräumen oder Ausmisten des Schreibtischs, Kleiderschranks, Werkzeug-, Schuh-, Bücherregals, Kellers, Abstell-, Hobbyraumes, der Kommode,... finden sich immer wieder Dinge, die man jahrelang nicht mehr gebraucht, getragen, verwendet, gelesen oder nicht mal angesehen hat.
oder Die unterschiedlichen Orte der Einlagerung: Wo Dinge ihren Platz erhalten. Die uns umgebenden Dinge nehmen nicht nur in unserem Leben, auch in unserer Umwelt viel Raum ein, beziehungsweise Platz in Anspruch.
Da oft nicht genügend Raum zur Aufbewahrung von Dingen zur Verfügung steht, Wohnungen und Keller zu klein sind, beziehungsweise Keller und Dachböden fehlen, nutzen viele Menschen dafür externe Lagerstätten wie die Self Storage Lagerräume.
In der heutigen Welt rast alles nur so an uns vorbei. Tagtäglich sind wir mit einer Informationsflut konfrontiert, die eine Unmenge von Ereignissen, Veränderungen und Innovationen beinhaltet. Von einem Menschen alleine kann das alles gar nicht mehr erfasst oder begriffen werden. Die Geschwindigkeit der Produktion von immer Neuem, Besserem, Schnellerem ist überwältigend.
Es sei ein ganz „buntes Volk“, das bei der Self Storage Firma 'My Place' eine Lagerbox mietet: Von gewerblichen Kunden, die hier ihre Akten, Ordner oder Produkte unterstellen bis zu den privaten Kunden, die aufgrund von Trennung, Umzug, Zusammenzug, Auslandsaufenthalt oder Arbeitsplatzwechsel, Erbschaft, feuchter Keller oder Platzmangel, etc. Lagerraum benötigen, um zumindest Teile ihres Besitzes ein- beziehungsweise auszulagern.
Wir leben in der westlichen Gesellschaft in einer Überflussgesellschaft. Die meisten Haushalte der westlichen Welt besitzen mehrere tausend Dinge; Dinge, die gepflegt, benutzt und geordnet sein wollen.
Wird das Thema Selfstorage und der Bedarf nach zusätzlichem Platz angesprochen, stellt sich zumeist rasch ein Konsens hinsichtlich der „Verdächtigen“ ein – so etwas brauchen doch nur Sammler, „Messies“, alte, schrullige Leute, die sich von nichts trennen können oder Reiche, die sich viel zu viel kaufen.
Von Menschen, Dingen, Speicherräumen - das Prinzip "Self Storage" aus kulturwissenschaftlicher Sicht