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Tiny House Movement – das Streben nach weniger Platz

08. Oktober 2018
Johannes Mandl
Wohnen & Leben
Stadt & Architektur

Sein Markenzeichen war der Löwenzahn und aus seinem kleinen blauen Bauwagen sendete er die Geheimnisse aus Natur und Technik in die deutschen Kinderzimmer. Die Rede ist von Peter Lustig aus der Kindersendung Löwenzahn. Heute würde der Held vieler Kinder sich wohl auf das Tiny House Movement berufen. Deren Anhänger schwören auf das Leben in der Enge. Aber warum? Wieso lebte jemand in einem winzigen Bauwagen und nicht in einem normalen Haus? Ein Leben auf nur 10m² Wohnfläche kann man doch gar nicht freiwillig führen. Oder vielleicht schon?

Was ist das Tiny House Movement überhaupt?

Anhänger des Tiny House Movements wollen ihren Lebensraum verkleinern und mit möglichst wenig Platz auskommen. Seinen Ursprung hat die Bewegung in den Vereinigten Staaten. Die Anhänger leben in kleinen Häusern, die bis zu 45m² groß und unterschiedlich konzipiert sind.

Warum entscheiden sich die Anhänger des Tiny House Movements dafür, auf engstem Raum zu leben?

Neben der Flexibilität, die Commod Häuser durch ihr Modul-Prinizip bieten, sind Tiny Houses auch sehr mobil. Commod Häuser sind „mitwachsende“ Häuser, die sich beliebig mit Räumen erweitert werden können. Ein solches Commod Haus kann man einfach auf die Ladefläche eines Pickups laden und nimmt es dann zum nächsten Wohnort mit. Außerdem sind sie praktisch, etwa für überraschenden Familienzuwachs. Die werdenden Eltern können einfach ein weiteres Zimmer an ihr Haus anbauen. Wird der Platz nicht mehr benötigt, kann der angebaute Teil entfernt und verkauft werden.

Im Gegensatz zu den Commod Häusern lassen sich Bauwägen und Wohnmobile nicht so leicht erweitern. Dafür sind sie noch mobiler. Denn man hängt sie einfach an das Auto und fährt damit los. Einen schnelleren Umzug kann man sich kaum vorstellen.

Weiterhin kann das Tiny House Movement eine autarke Lebensweise ermöglichen. Denn es bietet sich die Möglichkeit, autonom, von Strom- und Wasseranschlüssen zu leben. Mit moderner Biotechnologie kann ein in sich geschlossener Wasserkreislauf erzeugt werden. Man benötigt hierfür eine Biotoilette und ein Trockentrennsystem, das man beispielsweise in sein Wohnmobil integriert. Baut man sich noch eine Grünkläranlage mit Sumpfpflanzen auf das Dach, kann man gebrauchtes Wasser zu Trinkwasser aufbereiten. Auch für Strom und Wärme kann gesorgt werden, hier werden Photovoltaik und Solaranlagen benutzt. Wer es gerne gemütlich hat, kann auch einen Holzofen nutzen. Dann ist das nicht nur autark, sondern auch sehr nachhaltig für die Umwelt.

Zuletzt sind Tiny Houses auch sehr viel preiswerter als normalgroße Häuser. Wer ein eigenes Haus baut, verschuldet sich oftmals und muss es viele Jahre abbezahlen. Bei einem Tiny House bleibt das aus. Denn auch winzige, statische Häuser sind günstiger in der Anschaffung und brauchen weniger Baugrund als normale Häuser.

Trotzdem geben die meisten Leute lieber mehr Geld für ein normales Einfamilienhaus aus. Das sparen sich die Anhänger des Tiny House Movement lieber. Denn sie führen oft einen sehr minimalistischen Lebensstil und streben nach der Flexibilität, da sie den Luxus, weniger zu besitzen, schätzen und nicht so viele Dinge benötigen. 

Im Gegensatz zu „bigger is better“ führen sie ihr Leben eher nach dem Motto „smaller is superior“ und benötigen einfach weniger Wohnfläche.

Was machen die Bewohner mit geräumigen Gegenständen, die kein Platz im Minihaus finden?

Um auf engstem Raum zu leben, muss man beim persönlichen Besitz Abstriche machen. So verzichten die Bewohner einfach komplett auf Gegenstände, die viel Platz einnehmen und die man nur selten braucht wie etwa Werkzeug, Dekoration oder Koffer. Ausleihmöglichkeiten findet man schließlich im Bekanntenkreis oder online. Wenn beispielsweise Freunde, Nachbarn und Familie auf die Schnelle nicht aushelfen können, ergeben sich in den Zeiten der Digitalisierung unzählige Leihmöglichkeiten im stationären Handel oder Internet. Baumärkte bieten hier beispielsweise einen Leihservice an und auf Ebay Kleinanzeigen gibt es inzwischen eine kleine Leihcommunity.

Wollen Bewohner trotzdem nicht auf ihre Habseligkeiten verzichten und große Gegenstände behalten, bietet Selfstorage eine Lösung. Denn hier haben sie die Gelegenheit ihr Hab und Gut extern auszulagern. 

Sind Tiny Houses die Zukunft des Wohnens und die Lösung für den chronischen Platzmangel?

Entscheidet man sich für ein Leben abseits der Norm, muss man sich jedoch trotzdem mit den geltenden Vorschriften beschäftigen. Denn ein Tiny House kann zwar mobil sein, ist es aber nur bedingt. Bauwägen, die man schnell an das Auto hängen kann, benötigten in Deutschland eine Straßenzulassung und TÜV. Wenn die Bewohner das nicht bekommen, müssen sie bei einem Umzug den Bauwagen aufwendig in einen Laster laden. Preiswert ist das dann nicht mehr.

Auch den Punkt Nachhaltigkeit erfüllen nicht alle Tiny Houses. Viele sind schlecht gedämmt. Dadurch entstehen sehr hohe Heizkosten. Der Umwelt tut man so auch nichts Gutes.

Die Vorteile von Tiny Houses sind also nicht automatisch gegeben. Bewohner müssen sich gut vorbereiten, wenn sie alle Vorteile ausnutzen wollen.

Denn trotz aller Vorbereitungen haben Personen in einem Tiny House einfach weniger Platz. Ein Tiny House ist und bleibt ein winziges Haus. Leute, die viel Platz brauchen oder gar unter Platzangst leiden, sollten lieber von der Idee, in ein Tiny House zu ziehen, Abstand halten. Für alle anderen ist es aber auf jeden Fall wert, dass sie zumindest einmal darüber nachdenken, schließlich erweitert das Infragestellen von Normen und Lebensgewohnheiten den eigenen Horizont. Peter Lustigs Nachbar „Herr Paschulke“ wurde übrigens als übergewichtig und an einer ökologischen Lebensweise uninteressiert dargestellt. Er ernährte sich ungesund und trieb keinen Sport. Ob das an seinem großen Haus lag?

 

Copyright Headerbild: WinnieC/ Pixabay

Copyright Beitragsbild: Tyler Nix / Unsplash

Johannes Mandl

Porträtfoto Johannes Mandl

Johannes Mandl zog für sein Studium nach Salzburg und studiert hier an der Universität Kommunikationswissenschaft und Soziologie