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Tiny Houses, Bauwagen & Co. – Kleinwohnformen in der Schweiz

08. Juli 2020
Platzprofessor Redaktionsteam
Stadt & Architektur

Wer viel Zeit zuhause in der WG oder dem kleinen Stadtapartment verbringt, kennt das Gefühl – die Decke fällt einem auf den Kopf und die eigenen vier Wände erscheinen auf einmal doch recht klein. Es gibt jedoch auch Menschen, die sich geleitet vom Minimalismus-Gedanken ganz bewusst für ein Leben auf sehr kleinem Raum entschieden haben. Sie haben sich dem Tiny House Movement angeschlossen. Wir haben uns die Entwicklung dieser Bewegung in der Schweiz einmal angesehen.

Der Trend, Wohnraum nur auf das Nötigste zu reduzieren, stammt aus den USA. Das erste, was dabei in den Kopf schießt, ist wohl die Frage nach dem Warum: Warum entscheidet man sich freiwillig dazu, auf kleinstem Raum zu leben? Es ist die Reduzierung auf das Wesentliche und der bewusste Verzicht auf Überfluss. Natürlich spielen auch die Kosten eine Rolle: ein kleineres Haus bedeutet auch eine geringere Miete. Außerdem kann man in manchen Tiny Houses sogar autark leben, unabhängig von Wasser- und Stromanschlüssen – wenn man die passende Technik hat: Mit einer Solaranlage auf dem Dach kann man seinen eigenen Strom produzieren und gesammeltes Regenwasser kann zum Beispiel für die Toilette oder die Waschmaschine verwendet werden. Mehr dazu, was Menschen dazu bewegt, in einem Tiny House zu leben, könnt ihr hier in unserem Blogbeitrag lesen.

Das Tiny House Movement ist jedoch nicht mehr nur in den USA zu finden, wo es schon beinahe Züge einer politischen Bewegung angenommen hat. Mittlerweile ist auch in die Schweiz übergeschwappt. Denn natürlich bleibt auch die Schweiz nicht von wachsenden Städten und zunehmendem Platzmangel verschont. Die Folge sind steigende Mieten und die Ausweitung des Wohnraums in die Kulturlandschaft. Der Umzug in Tiny Houses ist eine Antwort auf diese Probleme, die auch den Schweizerinnen und Schweizern zu gefallen scheint. So werden diese kleinen Häuser nicht mehr nur von kreativen Exoten bewohnt, sondern entwickeln sich zu einer echten Alternative für die Großstadtbewohner.

Für Menschen, die sich für diese Art des Wohnens entscheiden, bietet seit 2018 der Verein Kleinwohnformen Schweiz Unterstützung. Der Verein zählt mittlerweile über 1.000 Mitglieder und will die verschiedensten Kleinwohnformen in der Schweiz etablieren sowie die offizielle Abwicklung bei der Anmeldung als Hauptwohnsitz vereinfachen. Tiny Houses sind nicht die einzige Möglichkeit des minimalistischen Wohnens. Weitere Kleinwohnformen sind zum Beispiel Bauwagen (in der Vorreiterrolle: Peter Lustig), Wohncontainer, Hausboote oder Wohnwagen. Ein weiteres Merkmal von Kleinwohnformen ist neben der geringen Größe oft auch die Ungebundenheit an einen festen Ort. Was zunächst nach einem enormen Vorteil klingt, birgt aber auch Probleme, denn in der Schweiz ist es oft schwer einen Stellplatz zu finden und stets mit viel Bürokratie verbunden.

Bauland? Mangelware!

In den letzten Jahrzehnten hat die Zersiedelung der Schweiz enorm zugenommen, sprich Siedlungsflächen für Wohnraum sind stark gewachsen. Dass die Bevölkerung wächst und entsprechend mehr Wohnraum geschaffen werden muss, ist eine natürliche Entwicklung. Das Problem bei der Zersiedelung ist aber, dass die Bebauung neuer Siedlungsflächen ohne Abstimmungen und nachhaltigen Hintergedanken geschehen ist. So wurden beispielsweise viele Einfamilienhäuser weit zerstreut gebaut und Flächen wenig effizient genutzt. Dadurch ist viel Platz verloren gegangen. Doch nicht nur das: auch das für die Landwirtschaft und die Erholung der Städter so wichtige Kulturland schwindet. Und auch das steigende Verkehrsaufkommen wird für die Natur zum Problem. All diese Faktoren wirken sich natürlich auch negativ auf die Umwelt aus. Neuartige Kleinwohnformen können dem jedoch entgegenwirken.

Von der Zwischennutzung bis zur Tiny House Siedlung

Tiny Houses oder andere Kleinwohnformen sind sicherlich nicht die Lösung aller Probleme, die die Zersiedelung auslöst. Eine Überlegung sind sie aber wert: Durch die Flexibilität der Platzierung, können Tiny Houses, Bauwagen oder Wohncontainer zur Zwischennutzung auf freie Flächen gestellt, bis diese anderweitig gebraucht werden. Sie dienen sozusagen als Lückenfüller. Doch auch hier treten wieder die bürokratischen und baurechtlichen Hürden auf - hier kommt aber der Verein Kleinwohnformen Schweiz ins Spiel und hilft. Mittlerweile hat sich das Projekt schon so weit entwickelt, dass nun auch Investoren die Vorteile von kleinen Häusern erkannt haben und in Liestal im Baselland eine ganze Siedlung nur für Minihäuser planen. Darüber hinaus soll ein Quartier mit Büros, Co-Working-Spaces und Startups entstehen.

Es bleibt auf jeden Fall spannend, ob das Tiny House Movement nicht nur in den USA, sondern auch in der Schweiz und dem Rest Europas eine dauerhafte Lösung für die Platzproblematik in den Städten sein kann. Wir behalten die Bewegung im Auge und informieren euch über die weiteren Entwicklungen des Tiny House Movements!

Platzprofessor Redaktionsteam

Das Redaktionsteam hinter dem Platzprofessor recherchiert laufend aktuelle Trends und Themen rund um das Thema Platz. Die RedakteurInnen sind immer auf der Suche nach spannenden Projekten und Beiträgen, die als Link-Tipp auf dem Platzprofessor veröffentlicht werden, initiieren Gastbeiträge und verfassen Artikel zu ausgewählten Themen.